Besserer Schutz bei häuslicher Gewalt und Stalking
Häusliche Gewalt und Stalking sind grosse gesellschaftliche Probleme in der Schweiz. Um die Situation zu verbessern soll der Schutz der Betroffenen in den geltenden Gesetzen ausgebaut und verbessert werden
Bern, 12. Oktober 2017
Kontaktverbote mit elektronischer Fussfessel überwachen
Um eine gewalttätige Person von einer anderen Person fernzuhalten, kann ein Gericht derzeit gestützt auf Art. 28b ZGB ein Kontaktverbot aussprechen. Mit einem derartigen Kontaktverbot kann einer gewaltbereiten Person beispielsweise verboten werden, sich seinem Opfer auf eine Distanz von weniger als 100 Meter anzunähern. Das Gericht droht bei Verletzen dieses Kontaktverbots regelmässig eine Busse wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung an.
Eine Verletzung dieses Annäherungsverbots nachzuweisen, war für eine betroffene Person regelmässig sehr schwierig. Deshalb wird nun in einer Gesetzesänderung vorgesehen, dass Gerichte eine potentiell gewalttätige Person verpflichten können, eine elektronische Fussfessel zu tragen. Mit dieser Fussfessel könnte das Kontaktverbot besser überwacht werden.
Kein Gerichtskostenvorschuss mehr für Opfer von Gewalttaten
Jeder Kläger, also beispielsweise auch ein Opfer von Gewalttaten, welches gegen die gewalttätige Person vorgehen will, muss in der Praxis dem Gericht einen Gerichtskostenvorschuss bezahlen. Damit ist eine gewisse Entlastung der Gerichte beabsichtigt. Die Gerichte sollen von unüberlegten und unvernünftigen Klagen verschont bleiben. Wenn der Kläger erfolgreich ist, wird das Gericht den Beklagten (beispielsweise also die gewalttätige Person) dazu verurteilen, dem Kläger die Gerichtskosten zurückzuerstatten.
Gerichtskosten sind meistens teuer. Deshalb kann die Vorschusspflicht eine grosse Hürde sein. Dank der Gesetzesänderung sollen künftige Opfer von häuslicher Gewalt von der Vorschusspflicht für Gerichtskosten befreit werden.
Diese Entwicklung ist sehr positiv. Denn obwohl die einschlägige Bestimmung in der Schweizerischen Zivilprozessordnung, nämlich Art. 98 ZPO, bereits heute eine "Kann-Formulierung" vorsieht (die Gerichte können einen Kostenvorschuss vom Kläger verlangen, müssen es aber nicht), machen die Gerichte von dieser Möglichkeit in der Praxis so weit ersichtlich kaum Gebrauch.
Staatsanwalt oder Richter entscheidet, ob Verfahren sistiert werden
Nach Art. 55a StGB können die Staatsanwaltschaft und die Gerichte bei einfacher Körperverletzung, wiederholten Tätlichkeiten, Drohung und Nötigung das Verfahren sistieren, wenn z.B. das Opfer der Ehegatte des Täters ist und die Tat während der Ehe oder innerhalb eines Jahres nach deren Scheidung begangen wurde. Das Verfahren wird wieder an die Hand genommen, wenn das Opfer seine Zustimmung innerhalb von sechs Monaten seit der Sistierung widerruft.
Neu soll diese Bestimmung geändert werden, weil in der Praxis das Opfer oft von Täter psychisch unter Druck gesetzt wurde und so womöglich nicht freiwillig auf den Widerruf der Sistierung verzichtet hat. Neu muss die Strafbehörde neben der Erklärung und dem Wunsch des Opfers auch noch andere Umstände in den Entscheid über eine Sistierung einbeziehen.
So soll etwa berücksichtigt werden, ob mit der Sistierung des Verfahrens eine Stabilisierung oder Verbesserung der Situation des Opfers gefördert wird. Besteht der Verdacht auf wiederholte Gewalttätigkeiten in einer Beziehung, darf das Verfahren nicht mehr sistiert werden. Weiter dürfen Staatsanwaltschaft oder Gerichte künftig die gewalttätige Person dazu verpflichten, einen Kurs gegen Gewalt zu besuchen.
Quelle: Medienmitteilung des Bundesrats
Video des SRF zum Thema